12. Februar: FDP sagt zwei Mal Ja und einmal Nein

Kantonale Mitgliederversammlung der FDP in Walenstadt

Die FDP des Kantons St.Gallen fasste am Freitagabend in der Kaserne Walenstadt die Parolen für die eidgenössischen Abstimmungen vom 12. Februar. Zur Unternehmenssteuerreform III und zum Bundesbeschluss über den Nationalstrassenfonds resultierte ein klares Ja. Nein sagt die FDP zur Bundeslösung in Bezug auf die Einbürgerung von Ausländern der dritten Generation. Das Einbürgerungswesen soll weiterhin in der Kompetenz der Kantone bleiben, lautete der Tenor der Versammlung.

Walenstadt, 13.01.2017 | Raphael Frei, seit Anfang November 2016 neuer Präsident der St.Galler Freisinnigen, stellte seine persönlichen Eindrücke ins Zentrum der ersten kantonalen Mitgliederversammlung unter seinem Vorsitz. Er lege aktuell grossen Wert darauf, möglichst viele Ortsparteien zu besuchen, um persönlich mit der Basis in Kontakt zu kommen. „Dabei bekomme ich auch einen sehr lebendigen Eindruck davon, wie unterschiedlich die Regionen in unserem Ringkanton ticken.“ Er habe es sich zur Aufgabe gemacht, aus den unterschiedlichen Akteuren ein schlagfertiges, verschworenes Team zu formen. Frei verglich den St.Galler Freisinn mit einem Löwenrudel, dessen Fortbestand davon abhängt, dass es zusammenhält. „Und ähnlich wie die Löwinnen im Rudel spielen auch bei uns Freisinnigen die Frauen eine entscheidende Rolle“, so Frei.

USR III: Arbeitsplätze halten

Ständerätin Karin Keller-Sutter und Nationalrätin Barbara Gysi (SP, Wil) legten den Anwesenden danach die Pro- und Contra-Argumente zur Unternehmenssteuerreform III (USR III) vor. Diese ermöglicht dem Wirtschaftsstandort Schweiz, auch nach dem erzwungenen Wegfall des heutigen Steuersystems attraktiv für grosse Unternehmen und KMU zu bleiben. Die USR III trägt den internationalen Normen Rechnung, führte Keller-Sutter aus. „So können wir zahlreiche Arbeitsplätze in unserem Land sichern und Investitionen in Forschung und Entwicklung garantieren. Ebenfalls bringen diese Unternehmen wichtige Steuereinnahmen für unsere Kantone.“ Gysi ihrerseits kritisierte, dass einerseits zwar kantonale Steuerprivilegien für Unternehmen beseitigt, gleichzeitig aber neue geschaffen würden. Sie warnte vor riesigen Steuerausfällen, welche die Kantone durch neue Sparpakete zu kompensieren hätten. „Unserer Meinung nach sollen auch Unternehmen einen angemessenen Beitrag an unseren Staat leisten und Steuern bezahlen, wie das die arbeitende Bevölkerung auch tut.“

Regierungsrat Marc Mächler legte im Nachgang zur Diskussion dar, wie der Kanton St.Gallen die USR III im Falle einer Annahme umsetzen will. Um den Kanton im Standortwettbewerb weiterhin als attraktiv positionieren zu können, soll in einem ersten Schritt die Gewinnsteuerbelastung für Unternehmen von heute 17,4 Prozent auf unter 15 Prozent gesenkt werden. Diese Massnahme führt zu steuerlichen Mindereinnahmen von 100 Mio. Franken, wobei der Bund über die höhere Beteiligung der Kantone an der Direkten Bundessteuer 35 Mio. an den Kanton St.Gallen rückvergüten würde. Sofern der Souverän der Unternehmenssteuerreform am 12. Februar zustimmt, schickt die St.Galler Regierung ihre Ideen zur kantonalen Umsetzung in die Vernehmlassung. Die Beratung im Kantonsrat könnte Ende 2017, allenfalls Anfang 2018 stattfinden.

Nach kurzer Diskussion der verabschiedeten die Anwesenden danach einstimmig die Japarole.

Gleich lange Spiesse für Strasse und Schiene

Bei nur einer Gegenstimme fiel das Ja der FDP-Basis zum Bundesbeschluss über die Schaffung eines Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) ebenfalls sehr deutlich aus. Kantonsrat Walter Locher (St.Gallen) stellte die Argumente beider Lager im Rahmen eines Kurzreferats vor. „Es geht darum, einen unbefristeten Mechanismus zu schaffen, um für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr in der Schweiz jährlich statt vier rund fünf Milliarden Franken bereitzustellen“, erklärte Locher. Der Mineralölsteuerzuschlag solle ab 2019 von 30 auf 34 Rappen erhöht werden, und ab 2020 sei eine Abgabe für Elektroautos vorgesehen. Anlass dafür sind Mehraufwendungen für die Infrastruktur, die unter anderem durch die Übernahme von 400 Kilometer Hauptstrassen durch den Bund bedingt sind, sowie der Rückgang der Einnahmen aus Mineralölsteuer und Mineralölsteuerzuschlag.

Nein zu erleichterten Einbürgerungen

Es war am neu gewählten Wangser Gemeinderat Nirosh Manoranjithan, den Anwesenden dem Bundesbeschluss über die erleichterte Einbürgerung von Ausländern der dritten Generation vorzustellen. „Anders als ausländische Ehepartner von Schweizer Bürgern, die fünf Jahre in der Schweiz leben, sind Angehörige der dritten Ausländergeneration, die hier geboren wurden und deren Grossvater oder Grossmutter bereits hier wohnte, heute von der erleichterten Einbürgerung ausgeschlossen“, legte Manoranjithan das Problem dar. Das erleichterte Verfahren sei kürzer und für die Gesuchsteller mit geringerem Aufwand verbunden. Im Falle eines Ja am 12. Februar wäre in diesen Fällen neu der Bund, nicht eine kommunale Kommission oder eine Gemeindeversammlung, für die Einbürgerung von Ausländern der dritten Generation zuständig. Dieser heikle Punkt war es, der in der anschliessenden Diskussion für Kritik sorgte. Es wurde argumentiert, dass die Kantone schon heute die Möglichkeit haben, erleichterte Einbürgerungen vorzunehmen, sofern sie respektive die Stimmbürger dies wollten. Die Versammlung gewichtete die staatspolitischen Aspekte – namentlich die unbedarfte Übertragung von kantonalen Kompetenzen an den Bund – höher als die materielle Frage nach der Einbürgerung der betroffenen Personen. Die Neinparole fiel mit einem Stimmenverhältnis von 2 zu 1 deutlich aus.