Das Rad der Zeit nicht zurückdrehen

Kantonale Mitgliederversammlung der FDP in Waldkirch

Im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung in Waldkirch haben die St.Galler Freisinnigen die Parolen für die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen vom 9. Februar gefasst und dabei ihre Haltung für eine moderne Schweiz bekräftigt. Zu den Initiativen «Gegen Masseneinwanderung» und «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» wurden klare Neinparolen beschlossen. Deutlich Ja sagt die St.Galler FDP zur FABI-Vorlage, welche für die kommenden Jahrzehnten die Weichen für eine zeitgemässe Bahninfrastruktur stellt.

Waldkirch, 09.01.2014 | Dem Abstimmungssonntag vom 9. Februar kommt aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz der anstehenden Vorlagen eine besondere Bedeutung zu. Die St.Galler Freisinnigen nahmen dies zum Anlass, ihre Mitgliederversammlung auch für weitere interessierte Kreise zu öffnen. Dies zahlte sich aus: Die zahlreich erschienenen Teilnehmer sorgten für angeregte Diskussionen in der Mehrzweckhalle Bünt in Waldkirch.

Masseneinwanderung: Kein Zurück zu bürokratischen Kontingenten

Der Parolenfassung zur Volksinitiative «gegen Masseneinwanderung» ging ein kontradiktorisches Podiumsgespräch voraus. Unter der Leitung von Sven Bradke diskutierten SVP-Kantonsrat Erwin Böhi für die Befürworter und FDP-Nationalrat Walter Müller (Azmoos) sowie der Sarganser Unternehmer Beat De Coi. «Seit der Einführung der vollen Personenfreizügigkeit kann die Schweiz die Einwanderung nicht mehr selber steuern. Seither explodieren die Einwandererzahlen. Es wird eng in unserem Land, zudem belasten die vielen arbeitslosen Zuwanderer unsere Sozialwerke enorm», sagte Böhi. Das Argument, wonach die Abschottung der Wirtschaft schade, ziehe nicht. «Die Wirtschaft konnte früher je nach Wirtschaftslage und Perspektiven Personen aus dem Ausland – und zwar aus der ganzen Welt – rekrutieren.» Unternehmer De Coi seinerseits zeichnete ein anderes ganz anderes Bild der früheren Kontingentspolitik: «Die Anwerbung von ausländischen Mitarbeitenden wäre wiederum mit viel Papier, Bürokratie, Zeit und Aufwand verbunden. Zudem bestünde das Risiko, dass die Betriebe gar nicht erst zu den benötigten Fachkräften kämen, weil die Kontingente bereits ausgeschöpft respektive von den grossen Betrieben abgeschöpft wären.» Walter Müller seinerseits stellte die Initiative in den Kontext der bilateralen Verträge mit der EU, die im Falle einer Annahme gefährdet wären. «Angesichts der anstehenden institutionellen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU wäre es wahrlich das Dümmste, die heute schon bestehenden Verträge nachverhandeln zu wollen. So schwächen wir unsere Verhandlungsposition massiv.» Um die Einwanderung in die Schweiz einzudämmen, gäbe es andere, effektivere Mittel, etwa bei der Migration aus Drittstaaten oder beim Familiennachzug. Stattdessen betreibe die SVP mit der Masseneinwanderungsinitiative eine «Schaufensterpolitik, ohne im eigentlichen Laden Ordnung zu schaffen.»

Die FDP-Mitglieder folgten dieser Argumentation und lehnten die Initiative mit 76 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab.

Abtreibungsfinanzierung: Festhalten am bewährten Weg

Mit 74 zu 1 Stimme Nein sagt die St.Galler FDP zur Initiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache», die von der St.Galler Stadtparlamentarierin Barbara Frei, Vorstandsmitglied der FDP Frauen Kanton St.Gallen, vorgestellt wurde. Heute könnten sich Schwangere nach einer fachmännischen ärztlichen Beratung frei entscheiden, ob sie eine Abtreibung durchführen wollen oder nicht. «Die Beratung ist nicht zuletzt deshalb sichergestellt, weil der Abbruch von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt wird.» Diese Lösung habe sich sehr gut bewährt, so weise die Schweiz im internationalen Vergleich eine sehr tiefe Rate an Abtreibungen auf. Auch das Kostenargument verfange nicht, sagte Frei. «Wir sprechen hier von rund 8 Mio. Franken, was rund 0,3 Promille der gesamten Kosten in der Grundversicherung ausmacht.» Das heutige System habe sich in den vergangenen Jahren bewährt, indem es die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch die ethische Eigenverantwortung der betroffenen Frauen stelle. «Wirtschaftliche Überlegungen sollten hier nicht hineinspielen», so Frei.

FABI: Ja zu einer modernen Eisenbahninfrastruktur

Deutlich Ja sagt die FDP-Basis zum Bundesbeschluss Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI). Wie FDP-Kantonsrat Beat Tinner (Azmoos) ausführte, sichere die Vorlage die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs langfristig und sorge dafür, dass die Schweiz mobil bleibt. «In der Schweiz pendeln täglich 3,7 Mio. Menschen zur Arbeit, viele davon mit dem öffentlichen Verkehr. Das bedingt ein leistungsfähiges Verkehrsnetz auf Schiene und Strasse. FABI ist ein wichtiger Schritt dazu.» Alle Regionen würden bessere Verbindungen erhalten, wobei die Ostschweiz stark profitieren könne, so Tinner. «FABI schafft letztlich den Grundstein für das Bodensee-Rheintal-Y, den Angebotsausbau St. Gallen-Rapperswil, den Halbstundentakt Zürich-Chur, den Angebotsausbau im St. Galler Rheintal sowie für mehr Sitzplätze in den Zügen von St. Gallen nach Genf.»

Übersicht Parolen

Eidgenössische Vorlagen – Stimmenverhältnis:

NEIN       Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»

Stimmen Ja: 2 Stimmen Nein: 76 Enthaltungen: 3

 NEIN    Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache»

Stimmen Ja: 1 Stimmen Nein: 74 Enthaltungen: 2

 JA       Bundesbeschluss Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI)

Stimmen Ja: 59 Stimmen Nein: 11 Enthaltungen: 8