Deutliche Abfuhr für die SP-Prämieninitiative

Kantonale Mitgliederversammlung der FDP in Thal

Im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung in Thal haben die St.Galler Freisinnigen die Parolen für die kantonalen Abstimmungen vom 15. November gefasst. Ja sagten die Anwesenden zur Änderung des kantonalen Baugesetzes, zum Kantonsbeitrag an die Geriatrische Klinik St.Gallen und zur Begrenzung des Pendlerabzugs. Einstimmig abgelehnt wurde die Prämienverbilligungsinitiative der SP. Zum Einstieg in die Versammlung legte Valentin Vogt, der Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, seine Sicht zu den aktuellen Sorgen der Exportindustrie dar.

Thal, 18.09.2015 | Exakt einen Monat vor den Eidgenössischen Wahlen nutzte Parteipräsident Marc Mächler seine Begrüssungsrede, um die FDP-Basis zu mobilisieren. Die klare Positionierung der FDP als liberaler Pol im Parteienspektrum und das nicht minder klare Bekenntnis zu Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt, den grundlegenden Werten unseres Erfolgsmodells Schweiz, hätten den Freisinn in den vergangenen Wochen in eine hervorragende Ausgangslage gebracht, so Mächler. Nun gelte es, die positive Stimmung innerhalb der Partei im Oktober in einen weiteren Erfolg umzumünzen. „Das wird kein Selbstläufer“, mahnte der Präsident die Zuhörer. „Wenn wir unseren Teil zum freisinnigen Erfolg beitragen wollen, sind nebst den Kandidierenden sämtliche Parteimitglieder gefordert. Der Gewinn eines zweiten Nationalratsmandats erfordert den Einsatz von uns allen!“

Valentin Vogt, der Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, kennt als Verwaltungsratspräsident der Burckhardt Compression AG die Sorgen und Nöte der Exportindustrie im Zusammenhang mit der Frankenstärke aus eigener Erfahrung. Im Gespräch mit FDP-Vizepräsident Sven Bradke legte er dar, welche Konsequenzen für den Schweizer Arbeitsmarkt zu erwarten sind. Mit der aktuellen Marke von fast 1.10 Franken pro Euro sehe die Situation zwar entspannter aus als bis anhin. Gleichwohl hätten einige Branchen, etwa der Tourismus, Teile der Maschinenindustrie, aber auch die Textil- und Papierindustrie weiterhin zu kämpfen. Andere Wirtschaftszweige seien zumindest indirekt betroffen, zum Beispiel Bauunternehmen, die stark von der Situation in der Industrie abhängen. „Der Franken ist nach wie vor überbewertet, das ist Fakt“, so Vogt. Forderungen von links, einen neuen Mindestkurs festzulegen, erteilte Vogt postwendend eine Absage. „Wir können aber nicht den Fünfer und das Weggli haben. Man kann nicht eine unabhängige Geldpolitik fordern und gleichzeitig den Euro über der Marke von 1.20 Franken erwarten. Die Nationalbank hatte letztlich keine Chance, am Mindestkurs festzuhalten.“ Die Politik sei gefordert, die Rahmenbedingungen für den Werkplatz zukunftstauglich zu gestalten. Offene Fragen ortet der Arbeitgeberpräsident neben der Geldpolitik in der Frage der Zuwanderung, der Energiepolitik, der Unternehmenssteuerreform oder der Altersreform. Alle diese Aspekte hätten Auswirkungen auf die wirtschaftliche Verfassung.

Mehr Demokratie im Baugesetz

Im Rahmen der Parolenfassung zum Nachtrag zum kantonalen Baugesetz debattierten unter der Leitung von Kantonsrat Jürg Bereuter (Rorschach) mit Walter Locher (FDP, St.Gallen) und Nils Rickert (glp, Rapperswil-Jona) zwei Politiker, welche Anfang dieser Woche bereits im Kantonsrat die rhetorischen Klingen gekreuzt hatten. Rickert äusserte den Verdacht, dass die „Baulobby im Kanton“ mit dem Nachtrag das verschärfte Raumplanungsgesetz aushebeln will. „So wird eine nachhaltige Entwicklung verhindert und nachfolgende Generationen werden geschädigt.“ Walter Locher entgegnete, dass am 15. November lediglich darüber abgestimmt werde, wer für den Erlass des kantonalen Richtplans im Bereich der Entwicklungsziele und -strategien respektive der Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung zuständig sei. Locher betonte die zentrale Bedeutung dieses Instruments für die künftige Entwicklung des Kantons. Indem der Kantonsrat über die Entwicklungsziele entscheide, könne man garantieren, dass der Richtplan demokratisch breit abgestützt und legitimiert ist. Die vom Referendumskomitee geschilderten Wachstumsszenarien, wonach eine Fläche von 1000 Fussballfeldern verbaut werden sollen, seien passé, so Locher weiter. Er verwies auf den von der Regierung eingebrachten Kompromissvorschlag, dem sogenannten „Szenario Mittel+“. Dieses sehe vor, dass der Kanton St.Gallen bis zum Jahr 2040 moderat um 65000 Personen wachsen kann. Dies sei ein Vorschlag, mit dem alle gut leben könnten.

Die Versammlung folge dieser Argumentation und fasste mit 39 zu 12 Stimmen bei 6 Enthaltungen die Ja-Parole zum entsprechenden Gesetzesnachtrag.

Geriatrische Klinik: Kantonsbeitrag unbestritten

Mit einer Gegenstimme wurde die Ja-Parole zum Kantonsbeitrag sowie zum Darlehen an die Sanierung und Erweiterung der geriatrischen Klinik St.Gallen gefasst. FDP-Kantonsrat und Ortsbürgerpräsident Arno Noger (St.Gallen) stellte das Bauprojekt vor und legte anschaulich dar, dass 35 Jahre nach den letzten Investitionen in die bauliche Infrastruktur vor Ort dringender Nachholbedarf besteht.

Ja zur Begrenzung des Pendlerabzugs

Fraktionspräsident Reinhard Rüesch stellte den Anwesenden die Pro- und Kontra-Argumente zum XI. Nachtrag zum Steuergesetz vor und legte die Haltung der FDP-Kantonsratsfraktion dar. Gemäss Kantonsratsbeschluss können Fahrkosten im Kanton St.Gallen ab dem Jahr 2016 nicht mehr unbegrenzt von den Steuern abgezogen werden. Beim Ansatz, den maximalen Fahrkostenbeitrag dem SBB-Generalabonnement 2. Klasse (aktuell 3655 Franken) gleichzustellen, handelt es sich um einen Kompromiss. Zum einen werden Autofahrer und öV-Nutzer künftig steuerlich gleich behandelt, zum anderen passt sich der Abzug automatisch der Preisentwicklung an. Die Fraktion habe dem Vorschlag im Parlament „ohne Begeisterung“ zugestimmt, so Rüesch. Im Sinne der Opfersymmetrie seien indes aber Alle gefordert, ihren Teil an die Sanierung der Kantonsfinanzen beizutragen. Rüesch erinnerte in diesem Zusammenhang insbesondere an die Einschnitte, die im Bildungsbereich gemacht werden mussten.

Die Versammlung fasste nach kurzer Debatte mit 42 zu 16 Stimmen bei 6 Enthaltungen die Ja-Parole.

Absage an den Fürsorgestaat

Mit dem erwartet klaren Nein (61 zu 0 Stimmen) quittierten die anwesenden Mitglieder die Initiative „Bezahlbare Krankenkassenprämien für alle“. Die Initiative von SP, Grünen und Gewerkschaften verlangt eine Aufstockung des Kantonsbeitrags zur Prämienverbilligung um jährlich rund 75 Millionen Franken (entspricht rund 7 Steuerfussprozenten) – eine Forderung, die angesichts der finanziellen Möglichkeiten des Kantons und der Sparanstrengungen der vergangenen Jahre jedes vernünftige Mass sprengt. SP-Kantonsrätin Jacqueline Schneider (Goldach) verwies auf die steigenden Prämienkosten und die damit verbundene Last für Menschen in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen. Die Prämienverbilligung sei ein wichtiges sozialpolitisches Instrument, auch wenn nicht verhindert werden könne, dass vereinzelt auch Personen Gelder erhielten, welche diese nicht benötigen. Dass die Erhöhung der Mittel für die Verbilligung zu einer Steuererhöhung führen, sei leider nicht zu verhindern. FDP-Kantonsrat und Hausarzt Thomas Ammann (Waldkirch) zeigte Verständnis für die Sorgen im Zusammenhang mit der stetig steigenden Prämienlast. Die Initiative sei indes aber das falsche Medikament mit einer falschen Dosis. „Jede erzwungene Solidarität hat aber einen fahlen Beigeschmack und führt zur Abnahme der Selbstverantwortung. Auch wird nicht gerne darüber gesprochen, dass nachfolgenden Generationen die Kosten eines überdimensionierten Fürsorgestaats übertragen werden.“

Marc Mächler will in den Regierungsrat

Kantonalpräsident Marc Mächler gab zum Abschluss der Versammlung bekannt, dass er sich um die Nachfolge für den zurücktretenden Regierungsrat Willi Haag (FDP) bewirbt. Die Delegierten der FDP entscheiden im Rahmen ihrer Nominationsversammlung vom 4. November über die Kandidatur. Mächler bleibt Präsident der Kantonalpartei. Seine Tätigkeit in dieser Funktion werde aber ab Oktober bis auf weiteres «ruhen», sagte er. Mächler ist seit zehn Jahren Präsident der FDP St.Gallen, seit 15 Jahren sitzt er für den Wahlkreis Wil-Untertoggenburg im Kantonsrat.