St.Gallen, 21. Februar 2017 | Erwartungsgemäss prägten die Gesamterneuerungswahlen für die kantonalen Gerichte den Verlauf der zweitägigen Februarsession des St.Galler Kantonsrats. Nachdem der offizielle Wahlvorschlag der SVP-Fraktion für das neu zu besetzende Vollamt am Verwaltungsgericht im Vorfeld der Session öffentlich für Kontroversen gesorgt hatte, setzte sich die FDP am Montag dafür ein, das Geschäft kurzfristigen wahltaktischen Manövern zu entziehen und so die Wogen etwas zu glätten. Der Ordnungsantrag auf Verschiebung der Wahl der hauptamtlichen Verwaltungsrichter auf die Aprilsession sollte darüber hinaus einen Beitrag leisten, das Ansehen der Institutionen zu stärken; er wurde von den anderen Fraktionen aber nicht unterstützt. Mit der Wahl des amtierenden hauptamtlichen Richters der Verwaltungsrekurskommission, Stefan Zürn, respektierte das Parlament den grundsätzlichen Anspruch der SVP auf das neugeschaffene Amt am Verwaltungsgericht. Es ist nun an der SVP, den demokratisch gefällten Entscheid zu akzeptieren, zumal die Vorbehalte gegen den offiziellen Kandidaten der Fraktion frühzeitig publik gemacht worden waren.
FDP freut sich für ihre Gewählten
Mit Freude nimmt die FDP zur Kenntnis, dass sämtliche der von ihr portierten Richteramtskandidierenden die Wahl mit sehr guten Ergebnissen geschafft haben. Den 22 Richterinnen und Richtern – 13 Bisherige und 9 Neugewählte – wünscht die FDP viel Freude und Befriedigung im Amt.
AFP: Kein Ausbau der kantonalen Stellen
Im Rahmen der Beratungen zum Aufgaben- und Finanzplan (AFP) konnte die FDP-Fraktion am Dienstagmorgen wesentliche Erfolge verbuchen. Mit ihren Stimmen fand der Antrag der Finanzkommission, die Pauschale für die jährliche Lohnentwicklung beim Staatspersonal von 0,8 auf 0,4 Prozent zu kürzen, eine satte Mehrheit. Der Entscheid trägt massgeblich dazu bei, dass es in den kommenden drei Jahren zu keinem weiteren Ausbau des Staatspersonals kommt. Trotz der Kürzung ist sichergestellt, dass die kantonale Verwaltung ihre Leistungen weiterhin auf einem qualitativ sehr hohen Niveau und ohne Einschränkungen erbringen kann. Wie die Fraktion von SP und Grünen zum Schluss kommt, dass jährliche Mehrausgaben von 0,4 Prozent für das Personal einen Staatsabbau bedeuten, bleibt auch nach den jüngsten Beratungen ihr Geheimnis.
Gegen die Stimmen der FDP sprach sich die Mehrheit des Rats dafür aus, die heute geltende Plafonierung bei den Kulturausgaben zeitlich bis ins Jahr 2020 auszudehnen. Die Tatsache, dass für die Institutionen Konzert und Theater St. Gallen, die Stiftsbibliothek und das Textilmuseum St.Gallen gleichzeitlich zusätzliche Gelder vorgesehen sind, zeigt klar auf, wie wenig sachgerecht diese pauschale Begrenzung in Tat und Wahrheit ist. „Entweder man ist überzeugt, dass die aktuellen Mittel für die kulturellen Aufgaben des Kantons ausreichend sind oder man glaubt nicht daran“, brachte FDP-Sprecher Andreas Hartmann (Rorschach) den Sachverhalt auf den Punkt.
Im Alleingang gegen überhöhte Gebühren
Einigermassen erstaunt musste die FDP zur Kenntnis nehmen, dass sie die einzige Fraktion im Kantonsrat ist, die sich zugunsten der Bevölkerung gegen überhöhte Gebühren wehrt. Anders ist es nicht zu erklären, dass ihre Forderung nach einer regelmässigen Überprüfung der kantonalen Gebühren- und Abgabepraxis im Rahmen des AFP im Rat keine Unterstützung der anderen bürgerlichen Parteien fand. Bereits vor rund fünf Jahren hatte die Regierung ein entsprechendes Monitoring in Aussicht gestellt, alleine auf die Umsetzung der Ankündigung warten interessierte Kreise bis heute. Das Monitoring soll aufzeigen, inwiefern der Kanton bei der Festlegung der Gebühren das geltende Kostendeckungsprinzip befolgt und die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente nicht für versteckte Umverteilungsmassnahmen respektive Steuern nutzt. Finanzdirektor Benedikt Würth versprach gestern zumindest ein „summarisches Update“ der im Jahr 2013 im Rahmen eines Grundlagenberichts erhobenen Zahlen. Angesichts der offenkundigen Missstände ist dies allerdings ein schwacher Trost.
Familienzulagen: Kein Griff zur Giesskanne
Aus FDP-Sicht erfolgreich gestalteten sich am Montagnachmittag die Beratungen zum Gesetz über die Familienzulagen. Während sich die Fraktionen von CVP-glp und SP-Grünen gegenseitig in ihrem Absichten überboten, die Zulagen von heute 200 auf 250 respektive gar 300 Franken pro Kind und Monat zu erhöhen, sprach sich die FDP gemeinsam mit der Regierung für den Status quo aus und wehrte sich dagegen, die Arbeitgeber zusätzlich zu belasten. Angesichts der umstrittenen Wirkung der Familienzulagen zur Bekämpfung von Familienarmut im Allgemeinen und des nach wie vor herausfordernden wirtschaftlichen Umfelds für die St.Galler Wirtschaft – Stichworte: Frankenstärke und Wettbewerbsfähigkeit – gibt es keine guten Argumente für den familienpolitisch motivierten Griff zur finanziellen Giesskanne. Um die materielle Situation von Familien zu verbessern, sind andere Instrumente zielführender. Man darf gespannt sein, welche Massnahmen zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf die Regierung dem Kantonsrat in naher Zukunft vorlegen wird.