St.Gallen, 28. November 2012 | Trotz zweier Sparpakete in den letzten Jahren präsentiert sich die Finanzlage des Kantons St.Gallen weiterhin höchst unbefriedigend. Blendet man die Bezüge aus dem freien und dem besonderen Eigenkapital aus, beläuft sich das effektive Defizit für das Jahr 2013 auf über 260 Mio. Franken. Da die missliche Situation zu einem beträchtlichen Teil auf nicht hausgemachte Faktoren zurückzuführen ist – etwa die die vom Bund verschuldete neue Spitalfinanzierung und tiefere Beiträge aus dem nationalen Finanzausgleich – ist es aus Sicht der FDP im Sinne einer vorausschauenden Finanzpolitik klar, dass sowohl ausgaben- wie auch einnahmenseitig an den entsprechenden Stellschrauben gedreht werden muss.
Rückfall in vergangene Zeiten
Konsequenterweise hat die FDP hat vor einem Jahr der ersten Steuerfusserhöhung von 10 Prozent einer Einheit zugestimmt. Im Rahmen der Novembersession war die FDP nun angesichts der verschlechterten Finanzsituation bereit, für eine weitere Steuerfusserhöhung von 5 Prozent Hand zu bieten. Die von der Regierung beantragte und vom Parlament am Dienstag beschlossene Steuererhöhung um nochmals 10 Prozent ist aus Sicht der FDP-Fraktion hingegen schädlich, da der Kantonsrat mit diesem Entscheid fatale Signale aussendet: Die Grundlagen der Steuerstrategie für den Kanton St.Gallen werden untergraben. Diese zielte darauf ab, den Kanton in Bezug auf die Steuerbelastung für natürliche Personen im Mittelfeld zu positionieren.
Slalomweltmeistern CVP im Konzert mit SP und Grünen
Der Alternativvorschlag der FDP hätte dazu geführt, dass dem Eigenkapital im kommenden Jahr weitere 50 Mio. Franken hätten entnommen werden müssen. Dies wiederum hätte den positiven Effekt gehabt, dass das von der Regierung auf Druck der FDP in Aussicht gestellte Entlastungspaket schneller und umfassender hätte wirken müssen. Dass ausgerechnet die CVP im Verbund mit der SP und den Grünen die zehnprozentige Steuererhöhung durchgesetzt hat, zementiert den Ruf der Partei als Slalomweltmeisterin. Noch bei der Präsentation des Voranschlags 2013 Ende September tönte die CVP, dass sie sich mit einer Steuererhöhung im zweistelligen Bereich nicht abfinden wolle. Mit ihrem neuerlichen Schwenker nach links macht die CVP den Familien und dem Mittelstand ein bitteres Weihnachtsgeschenk. Offenbar vertraut die CVP darauf, dass die Bevölkerung einmal gemachte Versprechen sehr schnell wieder vergisst.
Sinnvolle Alternative zur Lohnkürzung
Zufrieden nimmt die FDP-Fraktion zur Kenntnis, dass die im Sommer von der Regierung eingebrachte befristete Lohnkürzung beim Staatspersonal um 1,5 Prozent vom Tisch ist. Anstelle dieser unpopulären und nicht nachhaltigen Massnahme verständigte sich der Kantonsrat auf den von der FDP eingebrachten Vorschlag, den Personalaufwand in allen Departementen pauschal um 1 Prozent zu kürzen. Diese Lösung hat den Vorteil, dass die Regierung bei der konkreten Umsetzung der erforderlichen Massnahmen die nötige Flexibilität behält. Denkbar ist, Stellen aufgrund von natürlichen Fluktuationen in den Departementen nicht mehr zu besetzen, Stellen aktiv abzubauen oder zumindest für eine gewisse Zeit unbesetzt zu lassen. Mit gezielten Massnahmen dieser Art lässt sich zweifellos mehr erreichen als mit der von der Regierung ursprünglich in Aussicht gestellten Rasenmäher-Methode.
Pensionskassengesetz: An der Urne droht Schiffbruch
Enttäuscht ist die FDP-Fraktion darüber, dass der Kantonsrat bei der Beratung des Pensionskassengesetzes nicht den Mut aufgebracht hat, eine ausgewogene Vorlage auszuarbeiten, die den berechtigten Anliegen der Steuerzahler Rechnung trägt. Die Zusammenführung und Verselbständigung der Versicherungskassen des Staatspersonals und der Lehrpersonen muss aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben auf Anfang 2014 erfolgen. Die Ausfinanzierung der neuen Pensionskasse wird nach heutigen Schätzungen rund 400 Mio. Franken kosten. Gegen den anderslautenden Antrag der FDP sollen diese Kosten ausschliesslich mit Steuergeldern gedeckt werden, während die Staatsangestellten keine Beiträge an die Sanierung ihrer Pensionskasse leisten müssen. Bezeichnenderweise war es auch hier die CVP, die dem links-grünen Lager zur Mehrheit verholfen hat.
Eine Beteiligung der Angestellten an der Sanierung hätte der Vorgehensweise in zahlreichen anderen Kantonen entsprochen, zudem ist dieses Vorgehen auch in der Privatwirtschaft gang und gäbe. Der vom Kantonsrat gewählte Weg führt in die Sackgasse. Letztlich droht die Vorlage, die dem obligatorischen Finanzreferendum untersteht, an der Urne zu scheitern. Dafür trägt schon heute in erster Linie die CVP die Verantwortung.