Wildhaus, 23. November 2013 | Die Debatte über den Umgang mit der begrenzten Ressource Boden wird in der Schweiz zunehmend engagiert geführt. Neben dem im März dieses Jahres angenommenen Raumplanungsgesetz stehen zurzeit einige weitere Volksinitiativen im Raum, welche auf eine Umgestaltung der gesetzlichen Grundlagen in Bezug auf den Umgang mit Kulturland abzielen. Die Zielsetzung der diesjährigen Wildhauser Tagung der FDP bestand in einer Auslegeordnung der Interessen der unterschiedlichen politischen Akteure, die sich mit der Umsetzung der raumplanerischen Aspekte befassen.
Kampf der Zersiedelung versus Bedürfnisse des ländlichen Raums
Im Kampf gegen die fortschreitende Zersiedelung der Landschaft setzen die Raumplaner von Bund und Kantonen auf Konzepte, welche auf eine Differenzierung des Bodens in Wirtschafts-, Lebens- und Erholungsräume abstellen. Lukas Bühlmann, Direktor der Vereinigung für Landschaftsplanung, warb für den Ansatz, neue Siedlungen konsequenter in bereits überbauten und erschlossenen Gebieten entstehen zu lassen. „Die Ausschöpfung von bestehenden Nutzungsreserven muss künftig Vorrang haben vor unkoordinierten Neueinzonungen. In den letzten 24 Jahren wurde in der Schweiz die Fläche des Genfersees verbaut – so kann es nicht weitergehen“, so Bühlmann. Gefragt seien vermehrt regionale Kooperationen über die Gemeindegrenzen hinweg.
Baudirektor Willi Haag konkretisierte die durch das revidierte Raumplanungsgesetz veränderte Ausgangslage am Beispiel des Kantons St.Gallen. Die Vorgabe des Bundes, wonach die Kantone bei der Einzonung von Bauland lediglich den Bedarf der nächsten 15 Jahre abdecken sollen, erfülle St.Gallen schon heute. „Unsere Herausforderung besteht darin, dass unsere Baulandreserven teilweise nicht dort vorhanden sind, wo wir sie aktuell benötigen.“ Im Rahmen der von der Regierung im Jahr 2013 verabschiedeten kantonalen Raumplanung werde das Denken in funktionalen Räumen forciert, so Haag. Bei der Erarbeitung des kantonalen Richtplans setze sich die Regierung dafür ein, dass sich der Kanton gegenüber dem Bund möglichst viel Handlungsspielraum sichern könne. Dieser Richtplan bildet wiederum die Grundlage für die kommunalen Richtpläne, die in den Jahren 2015 und 2016 vorliegen sollen.
Kantonsrätin Vreni Wild warb für Verständnis für die Bedürfnisse des ländlichen Raums. Die Gemeindepräsidentin von Neckertal warnte davor, die Gebiete abseits der Zentren im Rahmen der Neuausrichtung der Raumplanung quasi unter die Käseglocke zu stellen. „Nimmt man dem ländlichen Raum die Entwicklungsmöglichkeiten, forciert man damit die Abwanderung“, so Wild.
Verteilkämpfe sind vorprogrammiert
In der anschliessenden, von Nationalrat Walter Müller moderierten und um Peter Nüesch, dem Präsidenten des St.Galler Bauernverbands erweiterte Diskussionsrunde wurden die oben skizzierten Positionen weiter vertieft. Es zeigte sich, dass es schwierig werden dürfte, die Interessen sämtlicher Akteure im Rahmen eines neu zu konzipierenden Umgangs mit Kulturland unter einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Einigkeit herrschte in der Frage, dass der freisinnigen Forderung nach Subsidiarität in raumplanerischen Fragen Rechnung getragen werden muss: Damit Raumplanung in der Bevölkerung auf die nötige Akzeptanz stösst, muss darauf geachtet werden, dass die Gemeinden nicht zu blossen «Befehlsempfängern» degradiert werden. Ebenso sei der Aspekt der Eigentumsgarantie in Fragen der Umzonung von Bauland mit der nötigen Sorgfalt zu behandeln.