St.Gallen, 20.08.2013 | Bei der Erneuerung der St.Galler Spitallandschaft handelt es sich ohne jeden Zweifel um ein Generationenprojekt: Auf der Basis heutiger Schätzungen sollen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten (ca. bis 2040) rund 1,5 bis 2 Milliarden Franken in den Ausbau der öffentlichen Spitäler fliessen. Alleine schon diese Dimension verpflichtet den Kantonsrat, die Frage der Spitalplanung minutiös zu prüfen. Dies wiederum setzt valable Alternativen zur Vorlage der Regierung voraus, welche sämtliche bestehenden Spitäler sanieren und im Rahmen der geltenden Spitalstrategie weiterbetreiben will.
Antwort auf geänderte Rahmenbedingungen
Die Spitalstudie der IHK St.Gallen-Appenzell liefert in diesem Kontext wertvolle Anstösse zur laufenden Diskussion. Die Autoren haben die veränderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit gemacht. Dazu gehören insbesondere die Marktöffnung durch die neue Spitalfinanzierung mit freier Spitalwahl, der daraus resultierende härtere Wettbewerb unter den Kantonen bzw. zwischen öffentlichen und privaten Spitälern um Patienten, die zunehmende Knappheit an Fachpersonal, der Ausbau der ambulanten Angebote sowie der Trend zu Leistungskonzentrationen in grösseren Spitälern. Die Spitalstrategie der Regierung trägt dieser Dynamik aus Sicht der bürgerlichen Parteien zu wenig Rechnung und hält zu starr an den althergebrachten Strukturen fest.
Keine Spitalschliessungen, Weiterentwicklung der bestehenden Strategie
Im Rahmen der IHK-Studie wird die bereits in der geltenden Spitalstrategie „Quadriga II“ angelegte Konzentration von medizinischen Leistungen auf spezialisierte Standorte weiterentwickelt. Die Studie kommt ohne Spitalschliessungen an den heute bestehenden Standorten aus. Die vorgeschlagene Umnutzung der vier Spitäler in Flawil, Walenstadt, Altstätten und Rorschach zu modernen Tageskliniken nehmen den Trend zu ambulanten Operationen sowie deren Nachbetreuung auf und stellen dank den Rettungsdienst-Stützpunkten die bewährte, qualitativ hochstehende medizinische Erstversorgung sicher.
Neubauten bringen signifikant tiefere Betriebskosten
Der Ersatz der Spitäler in St.Gallen, Wil und im Rheintal durch Neubauten an verkehrsstrategisch sinnvollen Standorten führt in einem ersten Schritt zu vergleichbar hohen Investitionskosten wie der Vorschlag der Regierung. Der Kanton St.Gallen erhält jedoch auf längere Zeit hinaus eine moderne, flexibel nutzbare Infrastruktur anstelle von sanierten Bauten, die im Kern noch immer aus dem letzten Jahrhundert stammen und weiterhin keine optimalen Betriebsabläufe erlauben. Mittel- bis langfristig können durch diese Neubauten die Betriebskosten um rund 5 bis 15 Prozent im Vergleich zu sanierten Altbauten reduziert werden. Bis zur Inbetriebnahme der Neubauten könnten zudem die bisherigen Standorte ohne Einschränkungen für Patienten und Personal weiterbetrieben werden; finanziell aufwändige Provisorien wären nicht nötig.
Keine wesentliche Verzögerung
Gegenüber den Vorschlägen der Regierung stellt die Studie der IHK nicht alle Projekte auf den Kopf, sondern hält an einzelnen Bauvorlagen fest. So könnten die Projekte für die Sanierung des Spitals Wattwil sowie die zweite Bauetappe im Zuge der Erneuerung des Spitals Linth auch mit der Variante der Studienautoren sofort dem Kantonsrat vorgelegt und – ein Ja an der Urne vorausgesetzt – rasch umgesetzt werden.
Die von der Regierung angestrebte Gesamtabstimmung über die Zukunft aller acht kantonalen Spitalstandorte am gleichen Tag wäre mit dem IHK-Vorschlag allerdings nicht mehr möglich. Angesichts der anstehenden gesundheitspolitischen Weichenstellung für die kommenden Generationen ist diese Tatsache aber bestenfalls von nachrangiger Bedeutung.