St.Galler Spitäler: Konkurse auf Raten

Erst die Spitze des Eisberges – weiteres Ungemach droht


Ein Notkredit von 12.7 Mio. Franken soll die Spitalregion Fürstenland-Toggenburg vor dem Konkurs bewahren. Was die FDP schon seit Monaten in Aussicht stellte, hat nun auch die Regierung festgestellt: Die finanzielle Lage der Spitäler ist derart angespannt, dass nur noch Notmassnahmen die medizinische Grundversorgung retten können. Nötig wäre das indes nicht gewesen: Hätte die Regierung schon vor zwei Jahren ihre politische Führungsrolle übernommen, könnten die Herausforderung in der St.Galler Spitalland-schaft heute mit der nötigen Ruhe angegangen werden.

Was Kantonsrat Dr. Walter Locher im März 2019 und die FDP-Fraktion im April bereits in Aussicht gestellt haben, wird nun Realität: Die Spitalregion Fürstenland-Toggenburg braucht einen Notkredit, um den laufenden Betrieb an den Standorten Wil und Wattwil weiterhin sicherzustellen. Die Regierung hat dem Kantonsrat heute eine entsprechende Botschaft unterbreitet und beantragt dem Kantonsrat einen Überlebensspritze von 12.7 Millionen Steuerfranken. Dem Beschluss der Regierung ging ein Antrag des Verwaltungsrates der Spitalverbunde auf einen à-fonds-perdu-Beitrag von 12.7 Millionen Franken voraus. Ohne diese Finanzspritze, müsste die Spitalregion Konkurs anmelden. Die Regierung hat hingegen ein Darlehen beschlossen - das aber voraussichtlich nicht zurückgezahlt werden kann. Faktisch können die Steuerzahlenden diese 12.7 Millionen Franken abschreiben.

Bevölkerung vor vollendete Tatsachen gestellt

Da es die Regierung über Monate, ja Jahre, unterlassen hat, zu handeln, werden Kantonsrat und Bevölkerung nun vor vollendete Tatsachen gestellt. Der fragliche Kantonsratsbeschluss unterliegt zwar dem fakultativen Referendum - eine Ablehnung würde aber eine akute Gefährdung der Gesundheitsversorgung bedeuten. Wir müssen wohl alle in den sauren Apfel beissen und die Notkredite akzeptieren. Die FDP erwartet weitere solche Massnahmen, sollte die Regierung gegenüber der Bevölkerung nicht bald Transparenz herstellen und die Fakten auf den Tisch legen.

Fiasko war vorprogrammiert

2017 titelte die FDP: «Spitalinvestitionen - Fiasko vorprogrammiert!». Der Notkredit ist erst der Anfang dieses Fiaskos – schliesslich hat die Regierung ihre Verantwortung mindestens in den letzten zwei Jahren nicht wahrgenommen und die Augen vor der Realität verschlossen. Anders ist es nicht zu erklären, dass trotz der zahlreichen Warnungen und Hinweise nichts passiert ist. Mit der Beantragung des Notkredites wird auch klar, dass die bestehenden Darlehen an die Spitalverbunde nicht nach kaufmännischen Grundsätzen gewährt wurden.

Weniger Standorte und mehr Qualität

In einem sind sich wohl alle Akteure einig: Notfallversorgung und Qualität müssen auch zukünftig auf hohem Niveau gewährleistet sein. Auch das hat die FDP immer gefordert. Ebenso zentral ist aber auch die Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems – schliesslich sind die Haushalte bereits heute überdurchschnittlich stark belastet und die Krankenkassenprämien steigen jährlich. Wagt es die Regierung aber endlich, die Leistungskonzentration voranzutreiben, werden beide Herausforderungen auf einen Schlag gelöst: Weniger Standorte bedeuten mehr Qualität bei zugleich geringeren Kosten. Dabei können heutige Standorte umgenutzt und damit die Gesundheitsversorgung in allen Regionen durch zeitgemässe, nachgefragte Angebote ergänzt werden. Passiert nichts, geht in den nächsten Jahren eine Spitalregion nach der anderen Konkurs.

Politische Führung fehlt

Der vorliegende Antrag auf einen Notkredit ist das Resultat eines Führungsversagens der Regierung. Die FDP-Fraktion hat früh mit aller Deutlichkeit auf diese Risiken hingewiesen. Die Regierung praktiziert jedoch lediglich «Pflästerlipolitik». Mangelhaft ist auch die Kommunikation, denn nur zögerlich erfährt die Öffentlichkeit von den Risiken und Nebenwirkungen. Wer nun die Schuld auf die Spitalverbunde oder den Verwaltungsrat abschiebt, verkennt, dass die Regierung bereits früh über die dramatische Lage informiert war. Sie handelt jedoch nicht – sie berät, sie wägt ab, sie delegiert und schiebt die Verantwortung anderen zu. Die Regierung hat in diesen Fragen einmal mehr bewiesen, dass sie ihre politische Führungsrolle nicht wahrnimmt. Sie ist nun aufgefordert, dem Kantonsrat rasch eine Botschaft zur Gesamtstrategie vorzulegen – ansonsten drohen weitere, nicht koordinierte Abbau- und Notfallschritte. Nun müssen die Ursachen bekämpft werden, nicht die Symptome.

Bisherige Vorstösse der FDP-Fraktion und ihrer Mitglieder

  • 51.16.65 – Spitalverbunde des Kantons St.Gallen - gerüstet für die Zukunft?, 29.11.2016
  • 51.17.59 – Spitalinvestitionen - Fiasko vorprogrammiert!, 18.09.2017
  • 51.18.08 – Spitalfinanzen - wann kommt die Wahrheit auf den Tisch?, 19.02.2018
  • 51.18.27 – Spitalfinanzen: Betreibt die Regierung Augenwischerei und zieht sich aus der Verantwortung?, 23.04.2018
  • 51.18.37 – Vertrauen verspielt?, 11.06.2018
  • 51.18.39 – Gesundheitspolitik in funktionalen Räumen denken, 11.06.2018
  • 51.18.65 – Steuergelder verschleudert anstatt Sofortmassnahmen ergriffen?, 11.06.2018
  • 51.18.96 – Werden Baustellen in der Psychiatrie und im Spitalwesen miteinander abgestimmt?, 27.11.2018
  • 61.19.16 – St.Galler Spitäler: Konkurs einzelner Spitalregionen oder drohende Nachschussleistungen der Steuerzahler – wann spricht die Regierung Klartext?, 04.03.2019 (Locher-St.Gallen)
  • 51.19.24 – (dringlich) Spitalpolitik - wann sind Notkredite nötig?, 23.04.2019
  • 61.19.28 – Spitalpolitik: Notfallversorgung weiterhin gewährleistet?, 08.05.2019
  • 61.29.29 – Spitalpolitik: Fusion der Spitalverbunde durch Notrecht, 08.05.2019